Werkstattgespräch mit einem Profi-Redenschreiber
„Was ist das größte Problem für die indische Volkswirtschaft, meine Damen und Herren? Terroristen? Pakistan? Die Pest? Nein. Es ist die Zwiebel. Denn vom Zwiebelpreis hängt ab, ob die Leute demonstrieren oder nicht.“
So klingt ein gelungener Einstieg in eine Rede, findet Markus Franz: „Spannend – und möglicherweise löst er ein Lächeln im Publikum aus.“ Was eine gelungene Rede an sich ausmacht, darüber sprach der Rhetorikcoach, professionelle Redenschreiber und Buchautor („Reden Schreiben Wirken“) am Montag, 9. März, in der Aula vor rund 100 Schüler*innen der 10. Klassen und der Oberstufe.
Eine Rede, sagte Franz, sei im Grund nichts anderes als ein Gespräch mit dem Publikum. Und ein Publikum möchte weder gelangweilt noch mit Fremdwörtern verwirrt noch mit „verschwurbelter Sprache“ geärgert werden. So weit, so nachvollziehbar.
Ratschläge an die Schüler*innen
Die Ratschläge des professionellen Redenschreibers (u.a. für den damaligen SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück) an alle, die Botschaften an ein Publikum richten, lauteten unter anderem: „Seid wahrhaftig!“ und „Findet euren eigenen Stil!“ Bedeutet: Texte nicht so zu schreiben, wie alle es erwarten (oder wie es der Auftraggeber erwartet). Sondern so, wie man es vor sich selbst vertreten kann (und wie man es als Zuhörer selbst mögen würde).
Und an dieser Stelle wird es dann schon kniffliger. Denn dass dieser Anspruch im Kontext von Schule und von Deutschunterricht nicht immer gelingen kann, ist natürlich auch dem bekennenden Kritiker des deutschen Bildungssystems Markus Franz bewusst. Die zahlreichen Fragen an ihn und die nachdenklichen Anmerkungen von GvB-Schüler*innen an diesem Vormittag zeigten, dass eine Diskussion über „gute Texte, schlechte Texte“ gar nicht so leicht zu einem gemeinsamen Ergebnis führt.
Einig waren sich sicherlich aber alle darüber, dass der 60-minütige Besuch des Gasts aus der Praxis sehr kurzweilig gewesen war. Und dass es allzeit lohnt, Markus Franz‘ augenzwinkernd vorgetragenen Tipp zu beherzigen: „Schreibe den ersten Satz deiner Rede stets so, dass die Zuhörer auch den zweiten Satz hören möchten – und dann mach einfach immer so weiter.“
Hr. Hungermann