Als diplomatischer Nachwuchs in Wien

Model United Nations of Vienna 2025

Wien – die Stadt der Musik, der Schnitzel und der Kaffeehäuser. Für uns wurde Wien während der Model United Nations of Vienna 2025 jedoch eine Stadt der Diplomatie, der Debatte und der internationalen Kompromissfindung. Was die meisten nämlich nicht wissen: Wien ist einer der vier Amtssitze der United Nations. Das machte Wien zu dem perfekten Austragungsort für die Model United Nations 2025.

Nach tagelanger, fleißiger Vorbereitung auf die Konferenz ging es am 14. Januar schon um 7 Uhr los. Den verlorenen Schlaf konnten wir alle mehr oder weniger auf der neun Stunden langen Busfahrt nach Wien nachholen. Auch die noch nicht ganz fertigen Eröffnungsreden und Position Papers konnten ausgearbeitet werden.

Angekommen in Wien unternahmen wir erstmal eine kleine Wanderung zu unseren Apartments, in denen wir kurz unser Gepäck abstellen konnten, bevor es zum Schnitzelrestaurant Figlmüller ging. Ein bisschen Kultur muss schließlich auch sein. Bei interessanten Gesprächen genossen wir unsere riesigen (vegetarischen) Schnitzel.

Der Mittwoch war der erste Konferenztag. Zum Glück gab es keine Probleme bei der gründlichen Sicherheitskontrolle und wir konnten uns die besten Plätze für die Eröffnungsfeier sichern. Zusammen mit den anderen delegates (ca. 350) konnten wir locker den riesigen Saal im Vienna International Center ausfüllen. Mit unseren neun Stunden Fahrtzeit hatten wir noch einen der kürzesten Anfahrtswege, wie wir in Gesprächen mit anderen Delegierten herausfanden. Es kamen Teilnehmer zum Beispiel aus Irland, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Armenien und sogar aus Äthiopien.

Nach der Eröffnungsfeier ging es schon in die Ausschüsse bzw. committees. Unsere Gruppe war unter anderem in der WHO (World Health Organization), der Group of 20, dem SPECPOL (Special Political and Decolonization Committee) oder in der African Union vertreten. Einigen von uns wurden durchaus anspruchsvolle Länder zugeteilt, wie zum Beispiel Nord-Korea, Saudi-Arabien und China. Die Themen reichten von der Rückgabe kultureller Artefakte an ehemalige Kolonien bis hin zu dem Schutz von Journalisten im Mittleren Osten.

Die folgenden Tage fingen mit den vorbereiteten opening speeches (Eröffnungsreden) zu einem der drei Themen der Tagesordnung an. Darauf folgte der moderated caucus, bei dem jeder Delegierte seinen Standpunkt verdeutlichen kann und die anderen Delegierten dazu Points of Information (Fragen) stellen können. Besonders wichtig ist es, sich dabei an die strengen Debattenregeln zu halten. Keine Personalpronomen zu nutzen, fällt den meisten first timern noch sehr schwer. Statt I am aware of … muss es in der Diplomatensprache z.B. heißen: „The delegate of India would like to …, denn Diplomaten sprechen immer für ihr Land. Man gewöhnt sich jedoch schnell an die Gepflogenheiten und die punishments werden von Tag zu Tag weniger. Ein punishment bekommt jeder, der sich nicht respektvoll verhält, flucht oder sich nicht an den Dresscode hält. Punishments können zum Beispiel Karaoke singen, tanzen oder gespielte Heiratsanträge sein und lockern die Stimmung auf.

Diese Sprechregeln fallen beim unmoderated caucus mehr oder weniger weg. Das Ziel dieser Phase ist es, Kooperationspartner zu finden, sich mit ihnen auszutauschen und an Resolutions, also Beschlüssen oder Verträgen, zu arbeiten, über die am Ende abgestimmt wird. Doch vorher wird jeder Beschluss ausführlich besprochen und es können Änderungen beantragt werden. Nicht selten geht es dabei um einzelne Wörter, die gründlich debattiert werden.

Nicht zu vergessen ist das social event, das am zweiten Abend im Palais Wertheim ausgetragen wurde. Bei guter Stimmung und Musik – ohne Krawatte und Jackett – konnte man sich noch einmal viel besser kennenlernen.

Die drei Konferenztage gingen wie im Flug vorbei und schon saßen wir wieder im großen Saal zur closing ceremony. Der Hauptbestandteil der Zeremonie war die Vergabe der delegate awards. Aus jedem Komitee bestimmen die chairs (Vorsitzenden) einen best delegate, einen best speaker und eine honorable mention. Letzteres wurde an zwei Delegierte aus unserer Schule vergeben: Noah (12. Jahrgang) und Talea (11. Jahrgang) – Noch einmal herzlichen Glückwunsch dafür!

Wir blicken auf Tage zurück, die jeden von uns an seine oder ihre persönlichen Grenzen gebracht haben. Sei es das nächtelange Arbeiten an Reden und Resolutionen oder das Sprechen vor vielen fremden Menschen; wir alle können stolz darauf sein, was wir in der kurzen Zeit erreicht haben.  Wir haben Erfahrungen gesammelt, die unsere Perspektiven veränderten und uns weiterbringen können. Wir sind stolz darauf, dass wir uns in einem richtigen UN-Gebäude, zwischen echten Diplomaten und UN-Konferenzen über bedeutsame Themen ausgetauscht haben.

MUN bietet Platz für ein ganz besonderes Gemeinschaftsgefühl. Ich glaube, dass ich noch nie so viele tolle Menschen in so kurzer Zeit kennengelernt habe. Ich werde die internationalen Bekanntschaften so schnell nicht mehr vergessen. Man lernt unglaublich viel voneinander und profitiert von den Tipps und Erfahrungen der anderen. Auch wenn man nur vier Tage miteinander verbringt, kommt man als zusammengeschweißte Gruppe wieder zurück. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass eine kleine MUN-GvB-Familie entstanden ist.

Zum Schluss möchte ich Frau Kassel und Herrn Hauck für die mühevolle Organisation danken, die uns diese außergewöhnliche Erfahrung ermöglicht hat.

The delegate is looking forward to more MUNs and yields the floor.

Frieda Schneider (10b)