Drei Tage lang delegates sein – in Gdynia
Am Dienstagabend ging es für uns gegen 23:55 Uhr vom Zentralen Omnibus Bahnhof Berlin (ZOB) los in Richtung Gdynia. Noch waren alle in bequemer Kleidung, um die nächtliche Busfahrt so angenehm wie möglich zu gestalten.
Angekommen in Gdynia, zogen wir mit unseren Koffern unüberhörbar vom Bahnhof zu unserer Unterkunft. Unser Fußweg führte uns am Hafen vorbei und schließlich auf die Promenade. Ostseeluft schnuppern! Viel Zeit zur Erkundung blieb allerdings nicht, denn einige delegates mussten noch an ihren policy statements für den nächsten Tag feilen. Zum gemeinsamen Abendessen trafen wir uns in einer Pierogarnia, wo wir aus einer unglaublichen Vielfalt von Pieroggen wählen konnten.
Donnerstagmorgen – nun war es so weit. Als Gruppe machten wir uns auf den Weg zum Centrum Nauki Experyment; in dem Wissenschaftszentrum würden wir nun drei Tage Politik machen. In unserer Business-Kleidung fühlten wir uns direkt selbstbewusster und die Aufregung war bald vergessen.
In der opening ceremony sprach der Direktor der ausrichtenden Schule ein paar Grußworte und auch die P5 aus dem Security Council kamen zu Wort. Sogar der ehemalige polnische Präsident Aleksander Kwaśniewski richtete über Zoom einige Worte an uns. Die Secretary General schloss die opening ceremony mit den Worten „I declare TriMUN as officially opened“. Nun begann die spannende Zeit der committee sessions. Da unsere Gruppe ausschließlich aus Firsttimern bestand, waren der UN-Duktus und der Ablauf der Debatten ungewohnt, doch schon nach kurzer Zeit waren alle mit Begeisterung und Tatendrang dabei.
Eine Besonderheit der TriMUN war, dass jeder delegate sein Land und das committee weitgehend selbst wählen konnte. So vertraten wir Vietnam und Burundi im Human Rights Council, Mexiko, Ghana und die Türkei in der World Bank, die USA im Historical Security Council, Brasilien im UN Office on Drugs and Crime und UN Women, sowie den Iran im Ausschuss des UN High Commissioner for Refugees. Doch nicht nur Länder wurden durch uns vertreten. Unter uns befanden sich auch zwei Richter im International Criminal Court und Johnson & Johnson in der World Health Organisation. Debattiert wurden unter anderem Fragen rund um die Themen Unfruchtbarkeit, Korruption, politische Verfolgung. Einige delegates beschäftigten sich auch mit historischen Themen, z.B. der Suezkrise von 1956 oder der Verantwortung von Lawrenti Beria als Chef der sowjetischen Geheimdienste für das Massaker von Katyn im Jahre 1940.
Nicht nur die committee sessions, sondern auch die coffee und lunch breaks waren höchst interessant. Wir freundeten uns mit den polnischen delegates an, schließlich waren wir die einzigen internationalen Teilnehmer vor Ort.
Neben vielen lustigen punishments innerhalb der committees, die Karaoke, kleine Tänze, schauspielerische Darbietungen und das Vorlesen aus der Bibel in beruhigendem Flüsterton umfassten, stand auch eine Party auf dem Programm. Einige nutzten die Gelegenheit, ihr Können auf der Tanzfläche zu beweisen, während andere sich lieber in Ruhe mit ihren neuen Freunden unterhielten.
Ehe wir uns versahen, saßen wir auch schon in der closing ceremony. Die Resolutionen, die wir in unseren committees erarbeitet hatten, wurden vorgestellt und die General Assembly stimmte über sie ab. Die Debatten in den committees wurden belohnt, denn alle unsere Resolutionen fanden Zustimmung. Nun wurden noch die awards für die „best delegates“ vergeben. Aus unserem Kreis wurden Kilian, Oskar und Suhana für ihre Beiträge gewürdigt.
Am Mittag wechselten wir wieder in Zivil, unser Diplomatenleben war zu Ende. Ein wenig Zeit blieb uns noch für einen Abstecher nach Danzig. Frau Kassel und Herr Hauck hatten als Scouts bereits alle Vorbereitungen getroffen, denn wir sollten nicht nach Berlin zurückfahren, ohne Danzigs wunderschöne Altstadt wenigstens geschnuppert zu haben.
Abends mussten wir dann leider doch Abschied von Polen nehmen. Per Flixbus ging es zurück nach Berlin.
Es ist wohl mein gutes Recht zu behaupten, dass keiner von uns dieses Ereignis hätte verpassen wollen. Wir waren begeistert von den Debatten und den polnischen delegates. Die drei Tage vergingen wie im Flug und wir sind uns alle einig, wenn wir sagen: motion to go back to Gdynia.
The delegate yields the floor.
Kamea Seelandt, 3. Semester